§ 131 Inkongruente Deckung (Text since 01.01.1999)
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
1. wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)
A. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 1/92, 03.01.1992:
1. Vorschlag
§131
Betriebsveräußerung
(1) Die Anwendung der §§ 128 bis 130 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Betriebsänderung, die dem Interessenausgleich oder dem Feststellungsantrag zugrundeliegt, erst nach einer Betriebsveräußerung durchgeführt werden soll. An dem Verfahren nach § 129 ist der Erwerber des Betriebs beteiligt.
(2) Im Falle eines Betriebsübergangs erstreckt sich die Vermutung nach § 128 Satz 1 oder die gerichtliche Feststellung nach § 129 Abs. 1 Satz 1 auch darauf, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt.
2. Begründung zur Einführung des § 131 InsO:
Ein besonderes Bedürfnis für eine rasche Klärung von Kündigungsschutz-Streitigkeiten besteht häufig in dem Fall, daß eine Betriebsveräußerung geplant ist, bei der der Betrieb auf die Erfordernisse des Erwerbers umgestellt werden und ein Teil der Arbeitsplätze wegfallen soll. In diesem Fall soll der Insolvenzverwalter nicht darauf verwiesen werden, die Betriebsänderung selbst durchzuführen und den Betrieb erst anschließend zu veräußern. Um einen wirtschaftlich zweckmäßigen Ablauf nicht zu behindern, wird es ermöglicht, daß die Betriebsänderung erst vom Erwerber durchgeführt, daß der Insolvenzverwalter aber schon vor der Betriebsveräußerung nicht nur die erforderlichen Kündigungen ausspricht, sondern auch in den besonderen Verfahren der §§ 128 und 129 des Entwurfs deren Wirksamkeit klärt (Absatz 1 Satz 1). Dem Erwerber wird durch Absatz 1 Satz 2 im Beschlußverfahren vor dem Arbeitsgericht die Rechtsstellung eines Beteiligten eingeräumt. Der Entwurf verringert auf diese Weise die praktischen Schwierigkeiten, die sich in der heutigen Konkurspraxis aus dem zwingend vorgeschriebenen Übergang aller Arbeitsverhältnisse auf einen Betriebserwerber (§ 613 a BGB) ergeben.
In Absatz 2 wird ergänzend festgelegt, daß sich im Falle eines Betriebsübergangs die Vermutungswirkung einer Betriebsvereinbarung nach § 128 des Entwurfs und die gerichtliche Prüfung und Feststellung nach § 129 des Entwurfs auch darauf erstrecken, daß kein Verstoß gegen § 613 a Abs. 4 BGB vorliegt. Ein Arbeitnehmer, der auf Grund von § 128 oder § 129 des Entwurfs nicht mehr in Frage stellen kann, daß die Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz betriebsbedingt ist, kann sich auch nicht mehr mit Erfolg darauf berufen, daß die Kündigung „wegen des Betriebsübergangs'' erfolgt sei.
Ein weiterer Schritt zur Überwindung der praktischen Schwierigkeiten, die mit § 613 a BGB verbunden sind, liegt in der Regelung des Entwurfs, daß ein Verstoß gegen § 613 a Abs. 4 BGB im Insolvenzverfahren nur innerhalb von drei Wochen geltend gemacht werden kann (§ 127 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs).
B. Empfehlungen der Ausschüsse Bundesrat-Drucksache 1/1/92, 04.02.1992
Der federführende Rechtsausschuß (R),
der Ausschuß für Arbeit und Sozialpolitik (AS),
der Finanzausschuß (Fz) und
der Wirtschaftsausschuß (Wi)
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Vorschlag - 28. Zu §§ 128 bis 131
Die 128 bis 131 sind zu streichen.
2. Begründung - 28. Zu §§ 128 bis 131
Diese Vorschriften heben den Kündigungsschutz der Arbeitnehmer im Insolvenzfall praktisch vollständig auf. Die Interessen der Arbeitnehmer am Erhalt des Arbeitsplatzers werden zugunsten der Interessen der sonstigen Insolvenzgläubiger geopfert. Von einer gleichmäßigen Verteilung der Belastungen im Insolvenzfall zwischen den reinen Kapitalgläubigern und den Arbeitnehmern kann nicht mehr gesprochen werden.
Es kann dem Betriebsrat nicht zugemutet werden, Einzelarbeitnehmer auszusondern, die ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Darüber hinaus ist es auch verfassungsrechtlich bedenklich, Betriebsrat- und Insolvenzverwalter die Kompetenz zu geben, die Individualinteressen der Arbeitnehmer zu schmälern Betriebsrat und Insolvenzverwalter wurden faktisch Verträge zu Lasten Dritter, (der einzelnen Arbeitnehmer), abschließen.
Der zivilrechtliche Rechtsschutz des einzelnen Arbeitnehmers würde durch das vorgesehene System der Kündigung im Insolvenzfall aufgelöst.
Ein Nachweis betriebsbedingter Gründe durch den Arbeitgeber bzw. den Insolvenzverwalter ist bei der Stillegung eines Betriebes oder bei wesentlichen Betriebseinschränkungen, wie die Praxis zeigt, problemlos. Auch nach bisherigem Recht sind diese Handlunhgen des Insolvenzverwalters unternehmersiche Entscheidungen und unterligen daher nicht der Kontrolle der Gerichte.
Warum die Sozialauswahl der Arbeitnehmer nur beschränkt überprüft werden darf, ist nicht ersichtlich. AUch in diesem Punkt besteht eine nicht gerechtfertigte Benachteilung der Arbeitnehmerinteressen.
Die entsprechende Bedenken gelten für den § 129 und in Verbindung mit § 130 InsO. Insbesondere kann es nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte sein, vorweg Rechtsgutachten zu Individual-Prozessen abzugeben. Darauf liefe der Antrag an ein Arbeitsgericht auf Feststellung der Betriebsbedingtheit bestimmter Kündigungen jedoch hinaus. Das System des arbeitsrechtlichen Rechtsschutzes kann nicht für einen Soezialfall umgedreht werden. Das Risiko der falschen Auswahl von Arbeitsverhältnissen, die zur Kündigung anstehen, kann dem Insolvenzverwalter nicht erlassen werden.
Insobesondere könnten die Anträge auch nicht im Beschlußverfahren abgewickelt werden. Dies wäre rechtssystematisch paradox, da Individualverfahren dem Beschlußverfahren nicht unterliegen (vgl. §2a Arbeitsgerichtsgesetz).
Die vorgesehene Regelung ist darüber hinaus auch kontraproduktiv zur Intention des Gesetzentwurfes. Bereits bei einem Individualarbeitsrechgtsstreit in dem der Beibringungsgrundsatz (Urteilsverfahren) gilt, ist unter Umständen eine Verfahrensverzögerung dankbar, z.B. durch eine Beweiserhebung. Dies gilt umsomehr im Beschlußverfahren, in dm der Beibringungsgrundsatz nicht gilt. Hier waren die Arbeitsgerichte gehalten, von sich aus alle notwendiger Umstände zu ermitteln. Mit einer erheblichen Verzögerung wäre zu rechnen, da diese Umstände für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen gleichzeitig ermittelt werden müßten. Die Regelung erschein bereits aus diesem Grund vollständig verfehlt.
Nicht akzeptabel ist weiterhin, daß faktisch ein Rechtsmittel gegen den Beschluß des Arbeitsgerichtes ausgeschlossen ist (§ 12x?Paragraph nicht wiedergebbar wegen nicht erkennbarendem Text Abs. 2). Eine sachliche Rechtfertigung für eine Reduzierung des Rechtsschutzes auf einen Rechtszug und damit eine Verweigerung der Berufsmöglichkeiten ist auch unter Berücksichtigung von Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz bedenklich. Allein das Beschleunigungsinteresse zugunsten von Kapitalgläubigern kann diese Einschränkung nicht rechtfertigen.
C. Weiterer Fortgang des Verfahrens
Folglich erging das Gesetz ohne weitere Änderungen zu diesem Paragraphen.